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Abbildung: Arbeit am Laptop bei wirtschaftlich schwieriger Lage aufgrund Coronavirus

Die fortschreitende Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland, Europa und der Welt hat erhebliche Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft. Nicht zuletzt ist auch die Wirtschaft stark von der Corona-Pandemie betroffen. Insbesondere die wegbrechenden globalen und nationalen Lieferketten sowie die Einstellung oder drastische Reduzierung der Produktion in einer Vielzahl von Wirtschaftszweigen führen zunehmend auch zu spürbaren wirtschaftlichen und finanziellen Belastungen für die Unternehmen.

Welche Auswirkungen das Coronavirus auf den Jahresabschluss zum 31.12.2019 haben kann, soll nachfolgend erläutert werden.

Wegfall der Prämisse „going concern“

Nicht wenige Unternehmen erstellen aktuell ihre Jahresabschlüsse zum 31.12.2019. Jahresabschlüsse sind gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB unter der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit („going concern“) aufzustellen. Diese Prämisse spielt bei der Bewertung der Bilanzposten eine wesentliche Rolle. Ob von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist, ist nicht zum Stichtag 31.12.2019 zu beurteilen, sondern im Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses. Durch die Geschäftsführung ist deshalb zu diesem Zeitpunkt eine Fortführungsprognose zu erstellen. Dabei sind alle Risiken und Chancen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben, zu berücksichtigen. Sollte die Geschäftsführung nicht mehr von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgehen, wäre der Jahresabschluss unter Liquidationsgesichtspunkten zu erstellen. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat in seinem Fachlichen Hinweis vom 25.03.2020 betont, dass öffentliche Stützungsmaßnahmen bei der Beurteilung der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit zu berücksichtigen sind; selbst dann, wenn diese noch nicht endgültig Rechtskraft erlangt haben. Es ist ausreichend, dass die Umsetzung von konkretisierten und belastbaren Aussagen der Bundesregierung bzw. von Landesregierungen erwartet werden kann. Soweit solche Stützungsmaßnahmen bei der Erstellung des Jahresabschlusses berücksichtigt werden, müssen diese im Anhang bzw. Lagebericht erläutert werden.

Coronavirus: wertaufhellendes oder wertbegründendes Ereignis

Bei der Bewertung von Bilanzposten ergibt sich – unabhängig vom Coronavirus – die Frage, inwieweit wertaufhellende bzw. wertbegründende Ereignisse nach dem Bilanzstichtag zu berücksichtigen sind. Wertaufhellende Ereignisse sind zur berücksichtigen; wertbegründende nicht. Da die Corona-Pandemie ihren Ursprung im Jahr 2019 hat, liegt die Vermutung nahe, dass sie ein wertaufhellendes Ereignis darstellt. Allerdings gehen das IDW und die herrschende Fachmeinung davon aus, dass die Pandemie ein wertbegründendes Ereignis ist, Somit sind Schadenersatzforderungen von Kunden wegen Corona bedingter Lieferunterbrechungen nicht als Rückstellungen in der Bilanz zum 31.12.2019 zu bilanzieren.

Fristen für die Aufstellung und Offenlegung von Jahresabschlüssen

Aktuell hat die Bundesregierung keine Änderungen der gesetzlichen Fristen für die Aufstellung und Offenlegung von Jahresabschlüssen von Kapitalgesellschaften vorgenommen. Somit bleibt es dabei, dass die Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften innerhalb von drei bzw. sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres aufzustellen sind. Soweit aufgrund der Corona-Pandemie diese gesetzlichen Fristen aktuell nicht eingehalten werden können, drohen zumindest handelsrechtlich keine Sanktionen (Buß- oder Ordnungsgelder). Die Offenlegung von Jahresabschlüssen muss regelmäßig innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Geschäftsjahres erfolgen. Der Gesetzgeber sieht bei verspäteter Offenlegung Ordnungsgelder vor. Denkbar ist hier, dass die Regelung des § 335 Abs. 5 HGB zum Tragen kommt, wonach bei unverschuldeter Verhinderung auf die Festsetzung von Ordnungsgeldern zunächst verzichtet wird.

Aktivierung von öffentlichen Stützungsmaßnahmen

Bund und Länder stützen mit vielfältigen Maßnahmen die Wirtschaft. Die Gewährung von Kurzarbeitergeld und direkten Zuschüsse, die Ausreichung von Darlehen sowie die Übernahme von Bürgschaften sollen die wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie abmildern. Soweit solche Maßnahmen aktivierbar sind (z. B. Zuschüsse), dürfen diese grundsätzlich erst aktiviert werden, wenn durch Bescheid oder sonstige Verwaltungsakte Rechtssicherheit über die Gewährung besteht. Deshalb wird eine Aktivierung im Jahresabschluss 2019 nicht relevant sein.

Gesetzliche Prüfung von Jahresabschlüssen für das Geschäftsjahr 2019

Jahresabschlüsse und Lageberichte von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften unterliegen der Prüfungspflicht. Abschlussprüfer werden die Prüfung der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit („going concern“) noch stärker als in Vorjahren in den Mittelpunkt der Abschlussprüfung stellen. Auch wird ein besonderes Augenmerk auf die Darstellung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Anhang und Lagebericht gerichtet sein. Allgemeine und unternehmensbezogenes Ausgangs- und Zutrittsbeschränkungen sowie die temporäre Nichtverfügbarkeit von Personal beim zu prüfenden Unternehmen erschweren die Prüfungen bei Unternehmen.

Handlungsempfehlungen

Auch wenn die Corona-Pandemie erst seit Anfang/Mitte März 2020 deutliche Auswirkungen auf die Unternehmen hat, ergeben sich bereits für den Jahresabschluss und den Lagebericht für das Geschäftsjahr 2019 Auswirkungen. Die Geschäftsführung muss alle relevanten Umstände und Sachverhalte, die Auswirkungen auf die „going concern“-Annahme haben, unter dem Aspekt „Corona“ neu beurteilen und bewerten. Da eine Vielzahl der „negativen“ bilanziellen Anpassungen (Vorsorge durch Rückstellungsbildung, Abwertung von Forderungen) erst im Geschäftsjahr 2020 greifen, kommt der Beurteilung und Darstellung der positiven Auswirkungen der öffentlichen Stützungsmaßnahmen besondere Bedeutung zu.

Wie sehr hat die Corona-Krise Sie im Griff? Welchen Herausforderungen sehen Sie sich bezüglich des Jahresabschlusses zum 31.12.2019 gegenüber? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.

Bildquelle: stock.adobe.com, Fotograf: Stanisic Vladimir

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